Mittwoch, 29. August 2012

Die Zwanziger Jahre auf Android

Ab sofort sind unsere für iPhone und iPad entwickelten Guides auch auf Android-Geräten lauffähig. Dazu muss lediglich die kostenlose Guidewriters-App bei Google Play heruntergeladen werden. Im Store finden sie die Gratis-App Die Zwanziger Jahre um Berlin zum Kennenlernen und (für 2,99 Euro) die App Die Zwanziger Jahre um Berlin. Viel Spaß beim Navigieren in die Roaring Twenties!

Montag, 27. August 2012

Großlabor des Wohnungsbaus


Manche Berliner Siedlungen der Weimarer Republik sind seit 2008 Weltkulturerbe, andere nicht – aber trotzdem sehenswert. Ein Streifzug von Michael Bienert, erschienen am 25. August 2012 im Feuilleton der Stuttgarter Zeitung:

Wohnhauseingang in der Gartenstadt Atlantic,
Heidebrinker Straße 8. Foto: Bienert

Hat man dieses Wohnhaus bei der Sanierung vergessen? Im Vorbeigehen wirkt es so. Das Haus Heidebrinker Straße 15 in der sanierten Gartenstadt Atlantic trägt noch den Originalputz aus den legendären Zwanziger Jahren. Er ist nachgedunkelt, aber wenn die Sonne darauf scheint, dann beginnen feine Körnchen darin plötzlich zu schillern und zu blinkern. Die Fassade lebt! Dann bemerkt man weitere feine Details, die an den Nachbarhäusern verloren gegangen sind: die Kasten-Doppelfenster und ihre expressionistischen Einfassungen lassen die ungedämmte Außenwand viel plastischer wirken. Die Rollläden sind aus Holz, nicht aus Kunststoff. Es fehlt die dicke Wärmedämmschicht unter dem Putz.

Wenigstens ein Haus der Gartenstadt Atlantic am S-Bahnhof Gesundbrunnen schaut noch genauso aus, wie der deutsch-jüdische Architekt Rudolf Fränkel es entworfen hatte – dank einer Finanzspritze von 200.000 Euro von der  Deutschen Stiftung Denkmalschutz. An den übrigen rund 50 Häusern der Siedlung hat der private Eigentümer das Erscheinungsbild nur vergröbert wiederherstellen lassen, sonst wären die Mieten explodiert. Wichtiger war ihm, die bunte Bevölkerungsmischung in dem zu Mauerzeiten stark herunter gekommenen Kiez zu erhalten. Man sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Die Gartenstadt Atlantic ist eines von vielen Wohnquartieren der Weimarer Republik, deren architektonische und städtebauliche Qualität nach Jahrzehnten der Vernachlässigung in jüngster Zeit wieder erlebbar geworden ist. Das Berlin der Roaring Twenties war ein Großlabor des Wohnungsbaus.

Mittwoch, 22. August 2012

Der Kreuzberger Stadtarzt Curt Bejach und sein Haus von Erich Mendelsohn


Im Jahr 1925 gründete der jüdische Stadtarzt Curt Bejach das Gesundheitshaus Am Urban, das erste kommunale Zentrum für präventive Medizin und Gesundheitserziehung in Berlin mit  Schulgesundheitspflege, Sexualberatungsstelle und einer Lehrstätte für hygienische Volksbelehrung. Jüdische Ärzte wie Fritz Fränkel und Ernst Joël waren hier tätig. Als das Gesundheitshaus 1933 geschlossen wurde, gingen einige ins Exil. Curt Bejach wurde 1944 in Auschwitz ermordet. Zu seinem Gedenken wurde das Dienstgebäude des Gesundheitsamtes Friedrichshain-Kreuzberg im Frühjahr 2011 in Dr. Curt Bejach Haus umbenannt. Ist das Konzept Bejachs noch heute aktuell? Darüber diskutieren Dr. Dietlinde Peters und Stefan Antczack bei einer Veranstaltung:

Jüdische Ärzte im Gesundheitshaus am Urban
am Donnerstag, den 23. August 2012 um 19:00 Uhr
im Dachgeschoss des Kreuzberg Museums
Moderation: Martin Düspohl 

Der Eintritt ist frei.

Landhaus Dr. Bejach
Quelle: www.erich-mendelsohn-stiftung.de
In Steinstücken (Bernhard-Beyer-Straße 12) steht das 1927/28 erbaute Landhaus, das sich Curt Bejach von dem Architekten Erich Mendelsohn entwerfen ließ. Der Berliner Architekt Helge Pitz hat es bereits denkmalgerecht saniert und dort die Erich-Mendelsohn-Stiftung gegründet, die die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Baumeister und der Architektur der klassischen Moderne fördert. Zum Tag des offenen Denkmals finden dort am 8. September 2012 Führungen um 11, 13 und 15 Uhr statt (mit Anmeldung unter info@erich-mendelsohn-stiftung.de).

Ein Porträt von Curt Bejach ist in der Jüdischen Zeitung erschienen.

Montag, 6. August 2012

Reiseführer zum Bauhaus

Das Berliner Bauhaus-Archiv, die Stiftung Bauhaus Dessau und die Klassik Stiftung Weimarer firmieren als Herausgeber eines Reiseführers zu den Bauhaus-Stätten. Michael Bienert hat ihn für das literaturblatt ausführlich besprochen.
„Jedem das Seine“ – die perfide Inschrift am Schlüpftor des Konzentrationslagers Buchenwald lässt nicht gleich an die Kunstschule denken, die Walter Gropius 1919 im nahen Weimar gründete. Doch die sorgfältig proportionierten, weich abgerundeten Metallbuchstaben am Gittertor lassen durchaus den Einfluss der Bauhaus-Typografie erahnen – wenn man darum weiß. Gestaltet hat sie der Häftling Franz Ehrlich, ein Bauhausschüler mit kommunistischen Überzeugungen, der deswegen von 1937 bis 1939 in Buchenwald inhaftiert war. Auch einen Generalbebauungsplan für das Lager musste Ehrlich entwerfen. Er überlebte den Zweiten Weltkrieg als Todeskandidat in einem deutschen Strafbataillon, später in der DDR war er ein gefragter und nicht immer bequemer Stadtplaner, Architekt und Designer.
1952 baute Ehrlich für den DDR-Rundfunk ein großes Sendehaus in Berlin, einen markanten Backsteinbau mit klaren Linien. Er kam fast ohne Reminiszenzen an den Zuckerbäckerstil aus, den die SED zeitgleich den Baumeistern der Stalinallee abforderte. Richard Paulick, ein ehemaliger Mitarbeiter des Bauhausgründers Walter Gropius, gehörte zu den wendigen Architekten, die klassizistisch dekorierten Wohnpaläste für Arbeiter entwarfen. In den Sechzigern baute Paulick dann wieder brutal funktional – als Chefplaner der Plattenbausiedlung Halle-Neustadt für 100.000 Menschen.
Eine Reise zu den Bauhaus-Orten in Deutschland führt durch überraschende Kurven der Bau- und Kunstgeschichte. Oft sehen die Haltepunkte ganz und gar nicht nach „Bauhausarchitektur“ im landläufigem Sinne aus. Die Autobahnkirche Gelmeroda gehört dazu. Die ehemalige Dorfkirche inspirierte den Bauhauslehrer Lyonel Feininger allein zu 13 Gemälden. Heute findet man sie weltweit in Museen – und kann auf einem 28 Kilometer langen Feininger-Radweg die Lieblingsmotive des passionierten Radfahrers in Thüringen abklappern.