Dienstag, 30. Oktober 2018

Wo bitte geht es hier zur Revolution? Zwei Neuerscheinungen zu Berliner Schauplätzen des Winters 1918/19

Revolutionäre vor dem Brandenburger Tor, 1918
Von Michael Bienert. In wenigen Tagen soll sich Berlin in eine aufgeschlagenes Geschichtsbuch verwandeln: Mehrere Ausstellungen zur Novemberrevolution werden eröffnet und 100 Orte in der Stadt sollen als Schauplätze revolutionärer Ereignisse im Winter von 100 Jahren markiert werden. Dazu findet man bereits eine Onlinekarte auf der Website des stadtweiten Projekts 100 Jahre Revolution. Pünktlich zum Jubiläum sind an der Baustelle des Humboldt-Forums die Gerüste vor der wiederaufgebauten barocken Fassade des Berliner Schlosses gefallen: Einer der zentralen Schauplätze der Auseinandersetzungen ist wieder sichtbar geworden. Welche Rolle genau das Schloss in den Novembertagen spielte, beleuchtet der erste Band der Buchreihe Im Fokus: Er rekonstruiert die Ereignisse um die Ausrufung der ersten sozialistischen Republik durch Karl Liebknecht am 9. November 1918 am Schlossplatz, sowie die Mythenbildung, die dazu führte, dass das Portal IV des Berliner Schlosses künftig doppelt vorhanden sein wird. 
Berühmt wurde es durch die Rede, die Kaiser Wilhelm II. am 31. Juli 1914 dort zum Kriegsausbruch an "sein" Volk richtete. Karl Liebknechts Ausrufung der Republik am Nachmittag des 9. November fand vor dem Schloss statt, wahrscheinlich von einem Autodach aus, über die exakte Stelle gibt es widersprüchliche Angaben. Am Abend des 9. November 1918 wählte der "Staatsfeind Nr. 1" ein erleuchtetes Fenster am Schlossportal IV, um erneut zur Menge zu sprechen: Nie wieder werde ein Hohenzoller diesen Platz betreten. Abermals proklamierte Liebknecht die freie sozialistische Republik.
Schlossportal IV
am Staatsratsgebäude, 2017
Als die Schlossruine nach dem Zweiten Weltkrieg auf einen Beschluss der SED gesprengt und abgeräumt wurde, wurde das Portal IV eingelagert. Als Teil des 1962 bis 1964 errichteten DDR-Staatsratsgebäude am Schlossplatz steht es heute unter Denkmalschutz. An der Lustgartenfront des Humboldt-Forums entstand eine 1:1-Kopie des Portals.
Wer lieber mit einem gedruckten Stadtführer durch das revolutionäre Berlin flaniert als mit dem Smartphone, kann dies ebenfalls mit einer aktuellen Buchpublikation tun: Entlang von rund 40 Orten zeichnet Ingo Juchlers Band 1918/1919 in Berlin die Ereignisse des Revolutionswinters nach. Ausgangspunkt ist auch hier das Berliner Schloss, Endpunkt die ehemalige Aula der Universität am Bebelplatz 2, wo die Nationalversammlung am 12. Mai 1919 zu einer Sondersitzung über den Versailler Friedensvertrag zusammentrat. Auf gut hundert Seiten bietet der handliche Band einen kompakten und zuverlässigen Überblick über Berliner Revolutionsorte und -ereignisse.

Dominik Jahnke, Judith Prokasky, Martin Sabrow
Mythos der Revolution. Karl Liebknecht, 
das Berliner Schloss und der 9. November 1918
Carl Hanser Verlag, München 2018,
144 Seiten, 15 €








Ingo Juchler
1918/19 in Berlin 
Schauplätze der Revolution
Be.bra Verlag, München 2018
128 Seiten, 16,– €








Veranstaltungshinweis:

Mythos der Revolution Buchpräsentation und szenische Leseperformance
am 4. November 2018 am Sonntag, 4. November 2018, 11 bis 13 Uhr, Einlass ab 10:15
Ort: ESMT Berlin, Tower View, Schlossplatz 1, 10178 Berlin
Anmeldung bis 31.10. 2018 unter events.humboldtforum.com
Eintritt frei
Buchpräsentation mit Dominik Juhnke, Judith Prokasky, Martin Sabrow und Irmgard Zündorf (Moderation), Szenische Leseperformance mit Clemens Bechtel (Dramaturgie Umsetzung), Andrea Rieder (Konzept und Umsetzung), Thomas Bading, Franziska Hering-Jansen, Michel Diercks (SchauspielerInnen).

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Brechts Berlin - ab sofort lieferbar

In der Reihe "Literarische Schauplätze" ist soeben Michael Bienerts Buch Brechts Berlin erschienen (Verlag für Berlin-Brandenburg, 200 Seiten, ca. 200 Abb., 25 Euro). Wie in "Kästners Berlin" und "Döblins Berlin" bildet das Berlin der 1920er-Jahre einen Schwerpunkt des opulent illustrierten Bandes. Alle Theater, an denen der Dichter und Dramatiker damals gearbeitet hat, werden vorgestellt, seine Wohnungen, seine Beziehung zum Ullstein-Konzern und seine besondere Leidenschaft für das Autofahren in der Großstadt. Veranstaltungstermine zum Buch siehe in der linken Randspalte.


George Grosz im Bröhan-Museum

200 Werke von George Grosz zeigt das Bröhan-Museum in einer Sonderausstellung, für ein Grosz-Museum in Berlin wird geworben. Elke Linda Buchholz hat im Tagesspiegel darüber berichtet: https://www.tagesspiegel.de/kultur/broehan-museum-zeigt-retrospektive-george-grosz-dadaist-mit-spitzem-stift/23211314.html