Im Lichthof des Kunstgewerbemuseums - heute Martin-Gropius-Bau - fand 1932 die größte Einzelausstellung eines Fotografen statt, die jemals in Berlin gezeigt wurde. Wer wars? Der Name Albert Vennemann ist gründlich vergessen. Seine Ausstellung trug den Titel 1000 Ansichten von Berlin. "Aufgenommen sind fast lauter Objekte, die man vom Alltag kennt. Altberliner Häuser, Schlösser und Paläste, Straßen und noch einmal Straßen, spielende Kinder, Restaurants, Werktätige der verschiedensten Berufe, Passanten, Weekend-Ausflügler, Parkanlagen und schöne Punkte der Umgebung, Bahnhöfe, Industriewerke und moderne Geschäftsbauten - das Inventar könnte schwerlich vollständiger sein", berichtete Siegfried Kracauer in der Frankfurter Zeitung. Und weiter: Die vielen Bilder der Ausstellung "beschwören Eindrücke herauf, die wir gehabt haben, ohne uns Rechenschaft abzulegen. (...) Indem sie uns aber zu einer erstaunlichen Fülle von Wiederbegegnungen verhilft, erteilt sie uns endlich die Verfügungsgewalt über die Sachen und Figuren, mit denen wir unbewusst leben."
Für die heutigen Betrachter ist es ein versunkenes Berlin der Zwischenkriegszeit, das in Vennemanns Fotografien in ungewöhnlicher Vollständigkeit aufbewahrt ist. Unbewusst beeinflussen sie unser Bild vom damaligen Berlin bis heute: Denn Vennemann war nicht nur ein unerhört fleissiger Gebrauchsfotograf, er lieferte auch das visuelle Material für das damals neue Stadtmarketing, etwa für die ab 1925 erscheinende Berlin-Werbezeitschrift Der Wochenspiegel und die Kampagne Jeder einmal in Berlin (ab 1928) - oder auch die vom progressiven Stadtbaurat Martin Wagner mit herausgegebene Zeitschrift Das neue Berlin. Vennemanns Produktion deckte das ganze Spektrum fotografischer Berlin-Inszenierungen ab, er machte Bildreportagen vom Alltag auf den Straßen, fing die Idyllik des Tiergartens und die neuen Reize der nächtlichen Lichtreklame ein, komponierte aber auch Fotomontagen aus Aufnahmen zeitgenössischer Architektur. Berlin hat ihn total vergessen, allein der Frankfurter Kultur- und Fotohistoriker Eckhardt Köhn hat eine über 100-seitige, aufwendig recherchierte Publikation herausgebracht, die man leider in keiner einzigen Berliner Buchhandlung finden wird; sie ist für 18 Euro nur direkt bei der Edition Luchs zu bestellen (per mail: Edition.Luchs@gmx.de, oder postalisch:
Edition Luchs, An der Teichmühle 15, 36369 Laufental).
Eckhardt Köhn: 1000 x Berlin. "Schöpfer des Gesichts einer Weltstadt"- Der Fotograf Albert Vennemann. (Fotofälle 2/2015), 114 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, ISBN 978-3-00-051152-3, Edition Luchs, 18 Euro
Donnerstag, 30. März 2017
Soziale Moderne: Otto Bartning in der Akademie der Künste am Hanseatenweg
Wohnblock von Otto Bartning in Haselhorst Foto: Bienert |
Stahlkirche in Köln, 1928 |
Otto Bartning um 1930 (Foto: AdK) |
Bis 18. 6. 2017 in der Akademie der Künste am Hanseatenweg
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