Mittwoch, 26. Oktober 2016

Haus Buchthal - Ausstellung in der Galerie Aedes ab 23. November 2016

Haus Buchthal 1922
Weitere Fotos auf: www.lenzwerk.com/haus-buchthal/
Das Haus Buchthal in der Lindenallee 22 in Berlin-Westend aus den Jahren 1922/23 war in seiner Urform eine der wenigen Villenarchitekturen des Expressionismus in Berlin. Niemand geringeres als die Brüder Hans und Wassili Luckhardt – später berühmt geworden durch die weißen Häuser am Rupenhorn – sowie Franz Hoffmann zeichneten für dieses gebaute Manifest der Avantgarde verantwortlich. Und sie zogen alle Register – kantige, kristalline Räume, starke, kontrastreiche Farben, Ausstattung durch expressionistische Künstler wie Oswald Herzog und Moriz Melzer, schließlich ein Garten, wie ihn Berlin noch nicht gesehen hatte: Blumenrabatten zeigten wie Pfeile auf das Haus, der Rasen wurde im Grundriss eines Ahornblatts gesät. Auftraggeber und Bewohner war das kunstsinnige jüdische Ehepaar Eugen und Thea Buchthal.
An den Wänden hing ihre Kunstsammlung mit Werken von Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Emil Nolde und vielen anderen. Bereits nach wenigen Jahren war die Familie mit ihren drei Kindern jedoch des Wohnens in einem Kunstwerk überdrüssig. Deshalb beauftragten sie im Jahr 1929 den Sohn von Sigmund Freud, den modernistischen Architekten Ernst Ludwig Freud, damit, das Haus durch Neue Sachlichkeit von allen Ecken und Kanten zu befreien. Freud formte das Haus zu einer glatten, kubischen Erscheinung um, fügte mehrere Räume im Obergeschoss hinzu und veränderte den Grundriss in vielen Details. Statt starker Farben und ausdrucksstarker Formen regierte seitdem – soweit dies auf der Basis des Ursprungsbaus möglich war – der rechte Winkel. Auch die Brüder Luckhardt wollten von ihren einstigen expressionistischen Radikalismen nichts mehr wissen – konsequent ließen sie Haus Buchthal, ihren ersten ausgeführten Bau, aus den Werkverzeichnissen streichen. Und so blieb dieses Haus ein Geheimtipp in Fachkreisen.
 Der Avantgarde blieben die Buchthals auch nach dem Freud’schen Umbau treu: Weiterhin gingen die progressivsten Künstler hier ein und aus. 1932 beispielsweise konzertierten Schüler Arnold Schönbergs im großen Wohnzimmer vor der Berliner Haute-Volée. Doch nur ein Jahr später endete auf brutale Weise dieses Leben – die Buchthals mussten nach dem Machtantritt Hitlers nach England fliehen, das Haus und ihre Kunstsammlung unter dem Druck der Verfolgung verkaufen. Anderen Mitgliedern der Familie gelang es nicht, den Nazis zu entkommen – eine Schwester Eugen Buchthals wurde 1942 in Treblinka ermordet. Das Haus kaufte der Krupp-Generaldirektor Bruno Bruhn. Er ließ die Familie noch zwei Jahre im Obergeschoss wohnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zumindest wieder ein Ort der Musen – denn nun wohnte hier der berühmte Sänger Dietrich Fischer-Dieskau mit seiner Familie. In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte er nur einzelne Räume gemietet und teilte sich das Haus mit bis zu 40 Bewohnern, um dann in den späten 1950er- Jahren das ganze Haus zu erwerben. Er veranstaltete neben Hauskonzerten regelmäßige „Musikabende“ (mit Stereoanlage!), zu denen er alle einlud, die in der Berliner Kultur dieser Zeit einen Namen hatten und ließ einen Anbau hinzufügen, in dem auch Igor Strawinski zum Essen Platz genommen hat.
Die Ausstellung im Architekturforum Aedes zeigt nicht nur die faszinierende Geschichte des Hauses, sondern demonstriert den beispielhaften Umgang mit einem bedeutenden Baudenkmal. 2015 wurde Ursula Seeba- Hannan (LenzWerk Holding GmbH) mit dem Umbau des zwar auffälligen, jedoch zu jenem Zeitpunkt renovierungsbedürftigen Hauses in Berlin-Westend beauftragt. Auf ihre Bitten hin stellten die früheren Eigentümer alte Grundrisse für die Umbauplanung zur Verfügung. Diese sorgten für erste Irritationen, denn sie schienen irrtümlicherweise dem bestehenden Bau zugeordnet worden zu sein. Auch der zuständigen Denkmalschutzbehörde war die Baugeschichte des Hauses nahezu unbekannt. Die folgenden Recherchen führten tief in Archive in Berlin und London. Die daraus gewonnen vielfältigen Erkenntnisse flossen in das Sanierungskonzept ein. Behutsam wurden die Zeitschichten des Hauses freigelegt, ohne dabei die Bedürfnisse des neuen Eigentümers zu vernachlässigen. Auf Initiative der LenzWerk Holding und mit Unterstützung aller Geschäftspartner der jungen Berliner Company gelang es, aus Erinnerungsscherben ein schillerndes Mosaik zusammenzusetzen, das die Bedeutung dieses außergewöhnlichen Hauses und seiner früheren Bewohner zu verdeutlichen vermag. (Quelle: Pressemitteilung)

Infos zur Ausstellung

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