Freitag, 2. Dezember 2016

Wiederentdeckt: Das Haus Buchthal der Brüder Luckhardt

Foto: Elke Linda Buchholz
Von Elke Linda Buchholz - Kapitel eins. Das Bauherrenehepaar traut sich was. Mitten im noblen Westend lassen sich Thea und Eugen Buchthal 1922 eine expressive Villa errichten, die zwischen den gediegenen Wohnhäusern rundum wie ein Paradiesvogel wirkt. Im Musikzimmer leuchten grüne Pfeiler vor knallgelben Wänden, nebenan im Wohnzimmer taucht man in blaues Farbfluidum, während die Speisen vor orange-violett getünchten Wänden im Essraum serviert werden. Nach außen faltet sich der Baukörper in V-Form mit kristallinen Kanten und Ecken auf. Hingucker ist eine rasant expressionistische, mehrfach gestufte Giebelfront, mit symmetrischem Brunnen davor. Den Entwurf für dieses extravagante Stück Berliner Architekturgeschichte lieferten die jungen Brüder Wassili und Hans Luckhardt mit ihrem Büropartner Franz Hoffmann.
Zwar hatten sie noch nie zuvor einen Bau realisiert, aber in einer Berliner Galerie mit kristallinen Architekturvisionen aus Glas, Licht und Farbe für Aufsehen gesorgt. Der Konfektionskaufmann Buchthal und seine kunstsinnige Frau entschieden: Genau so wollten sie wohnen. Mit Gemälden von Feininger, Nolde, Pechstein und Erich Heckel komplettierten sie ihr Domizil, schafften Skulpturen von Lehmbruck und Emy Roeder an. Sogar der Garten wuchs sich mit pfeilförmig auf das Haus weisenden Blumenrabatten zu einem Kunstwerk aus. Arnold Schönberg, Max Beckmann, Lou Andreas-Salome und andere kamen zu Gast. Doch der Expressionismus überstand den Praxistest nicht.
Kapitel zwei. Kaum fünf Jahre wohnte das Paar mit seinen drei Kindern in dem gewagten Objekt, dann reichte es der Familie. Buchthals engagierten einen neuen Architekten. Als Ernst Freud, Sohn des Psychoanalytikers, sein Umbauwerk 1928 vollendet hatte, war die expressionistische Villa Buchthal praktisch aus dem Stadtbild verschwunden. Statt schräger Winkel, Kanten und Ecken dominierten nun glatte weiße Mauern und schlichte Rechteckfenster. Im Inneren wurden die komplexen Grundrisse vereinfacht, soweit möglich. Zusätzliche Obergeschossräume und eine üppige Dachterrasse erweiterten die Wohnfläche. Nicht wiederzuerkennen, das Haus! Weiterlesen im Tagesspiegel

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