Donnerstag, 18. Februar 2016

Paul Graupe – ein Berliner Kunsthändler zwischen Nationalsozialismus und Exil

Seine Auktionen verglich die Presse mit Theaterpremieren. 160 Versteigerungen zwischen 1916 und 1937 mit Werken eines Rubens, Rembrandt oder Tiepolo, Corot, Menzel und Liebermann führte der Berliner Auktionator Paul Graupe durch. Er war einer der „prominenten Protagonisten“ des Berliner Kunsthandels der Weimarer Zeit und hatte mit der Machtergreifung der Nazis eine Sonderstellung unter den jüdischen Kunsthändlern inne. Aufgrund seines nationalen wie internationalen Renommees wurde er 1933 nicht aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen, sondern konnte bis 1937 weiterarbeiten. In diesen vier Jahren veräußerte er in großem Umfang jüdischen Kunstbesitz und fungierte so für das Naziregime als Devisenbeschaffer. 1937 aber musste auch er emigrieren. Und dennoch ist diese schillernde Persönlichkeit des Kunsthandels in Vergessenheit geraten. Erst intensive Forschungen von Patrick Golenia am TU-Fachgebiet Kunstgeschichte der Moderne, das von der Leibniz-Preisträgerin Prof. Dr. Bénédicte Savoy geleitet wird, rückten die von vielen Widersprüchen gekennzeichnete Arbeit des Auktionators in den Fokus.

Die Buchpremiere des jetzt im Böhlau Verlag erscheinenden Bandes „Paul Graupe (1881–1953). Ein Berliner Kunsthändler zwischen Republik, Nationalsozialismus und Exil“ findet kommenden Montag statt:

Zeit: Montag, 22. Februar 2016, 19.00 Uhr
Ort: Institut Français, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin Der Eintritt ist frei.

Die Buchpräsentation und Podiumsdiskussion mit den Autoren Patrick Golenia, Kristina Kratz-Kessemeier und Isabelle le Masne de Chermont findet in deutscher und französischer Sprache statt. Prof. Dr. Bénédicte Savoy moderiert den Abend. Patrick Golenia, der an der TU Berlin Kunstgeschichte und Musikwissenschaft studiert hat, war auf Flohmärkten, in Antiquariaten und im Internet auf blaue Auktionskataloge aus den 1930er Jahren gestoßen, die Paul Graupe herausgegeben hatte. Diese Hefte und ein Seminar zur Museums- und Sammlungsgeschichte von Bénédicte Savoy markierten den Auftakt zu einer intensiven Spurensuche nach dem Leben und Wirken Paul Graupes, dessen berufliche Karriere 1907 als Antiquar begonnen und der 1916 seine erste Auktion in Berlin hatte, der trotz seiner jüdischen Herkunft nach 1933 weiter arbeiten konnte, aber dann doch Deutschland verlassen musste. Zunächst nach Paris, dann in die Schweiz und später nach New York. „Die Geschichte von Paul Graupe lenkt auf besondere Weise den Blick auf den schillernden temporeichen Berliner Kunsthandel der Weimarer Republik, seine tiefgreifenden Veränderungen durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten nach 1933 sowie auf Zwischentöne und Grauzonen, auf Genese und Netzwerke des jüngst so sehr im öffentlichen Interesse stehenden NS-Kunsthandels“, sagt Patrick Golenia. Aus seiner wissenschaftlichen Recherche wurde schließlich ein deutsch-französisches Forschungsprojekt. Denn die Chefkonservatorin aller französischen staatlichen Museumsarchive und -bibliotheken Isabelle le Masne de Chermont hatte 2008 die in Jerusalem und Paris gezeigte Ausstellung „Looking for owners – À qui appartenaient ces tableaux?“ kuratiert und in ihren öffentlichen Vorträgen Paul Graupe immer wieder erwähnt. Bénédicte Savoy brachte schließlich Patrick Golenia und Isabelle le Masne de Chermont zusammen. (Quelle: TU Berlin, Pressestelle)

Patrick Golenia, Kristina Kratz-Kessemeier und Isabelle le Masne de Chermont
Paul Graupe (1881-1953). Ein Berliner Kunsthändler zwischen Republik, Nationalsozialismus und Exil
Böhlau Verlag, Wien 2016
320 Seiten, 40 Euro

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen