Freitag, 2. Juni 2017

Der Mosse-Almanach 2017 I 20 Jahre Mosse-Lectures

Das Mosse-Haus an der Jerusalemer,
Ecke Schützenstraße.
Anzeige von 1928
Seit 20 Jahren organisiert das Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität die Mosse-Lectures in Erinnerung an die jüdische Verlegerfamilie Mosse, die 1933 aus Berlin vertrieben wurde.  Der Verlagsgründer Rudolf Mosse war einer der großen Pressezaren des Kaiserreichs, mit dem Berliner Tageblatt schenkte er der Reichshauptstadt ein liberales, demokratisches Debattenforum, das nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs treu zur Weimarer Republik stand. Im wiederaufgebauten Verlagshaus, seit dem Umbau durch Erich Mendelssohn eine Ikone moderner Geschäftshausarchitektur, fanden vor 20 Jahren die ersten Lectures statt. Die Vortragsreihen zu kulturwissenschaftlichen und aktuellen gesellschaftlichen Themen sind akademisch fundiert, richten sich aber eine breitere Öffentlichkeit, bieten auch Schriftstellern, Künstlern, Architekten Querdenkern ein Forum. In diesem Semester bildet die "Kritik des Liberalismus" den roten Programmfaden, bei der Festveranstaltung gestern abend würdigte Jost Hermand die liberale, bildungsorientierte und demokratische Gesinnung Rudolf Mosses und seiner Erben.
Zum 20. Geburtstag der von Klaus R. Scherpe mitbegründeten Veranstaltungsreihe ist ein von Elisabeth Wagner herausgegebener Almanach erschienen, der mit vielen historischen Quellen die Aktivitäten der Familie Mosse in Berlin beleuchtet: Ihre Topografie umfasst neben den Verlagsstandorten im Zeitungsviertel auch das fürstliche Mosse-Palais am Leipziger Platz und das philanthropische Mosse-Stift in Schmargendorf, sowie das verfallende Schloss Schenkendorf in Brandenburg. Vorgestellt werden Protagonisten des Berliner Tageblatts wie der Kunstkritiker Fritz Stahl, der Theaterkritiker Alfred Kerr, die Gerichtsreporterin Gabriele Tergit. Albrecht Dümling widmet sich dem Einfluss der Familie Mosse auf das Berliner Musikleben, Jost Hermand aus der Perspektive des Kollegen dem Historiker George L. Mosse, der 1997 mit einem Vortrag die Mosse-Lectures eröffnete - das Manuskript, ein Zeitdokument, ist als Faksimile reproduziert. Lisa Trekel und Johanna Hähner stellen die Mosse-Frauen vor.
Michael Bienert und Elke Linda Buchholz schildern das Schicksal der Kunstsammlung Rudolf Mosses, die 1934 versteigert wurde und erst durch spektakuläre Restitutionsfälle in jüngster Zeit wieder ins Bewusstein der Berliner Öffentlichkeit zurückgekehrt ist.

Elisabeth Wagner [Hg.]
MOSSE ALMANACH 2017
Historisches und Aktuelles aus dem Hause Mosse.
20 Jahre MOSSE-LECTURES
an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Verlag Vorwerk 8, Berlin 2017, 272 Seiten, 19 Euro
ISBN 978-3-940384-91-1

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